Digiscoping – gigantische Brennweiten für kleines Geld
Wer zumeist Vögel oder andere kleine Tiere aus großer Distanz fotografieren möchte, braucht richtig viel Brennweite, um die Winzlinge groß abzubilden – und da bleibt häufig die Wahl zwischen Teleobjektiven, welche die 10.000-Euro-Schallmauer längst durchbrochen haben, oder weniger leistungsstarken Kompaktkameras. Dieses Dilemma brachte findige Fotografen auf die Idee: Was wäre, wenn wir ein Teleskop, Spektiv oder starkes Fernglas nehmen und mit einer Kamera paaren? Voilá – das Digiscoping war geboren.
Doch was sich im ersten Moment nach Bastelei a lá Daniel Düsentrieb anhört, ist inzwischen längst so ernst geworden, dass sogar die qualitätsverliebten Leicaner eine hauseigene Digiscoping-Ausrüstung anbieten. Was also ist die große Faszination und welche Ergebnisse bekommt der digiskopierende Fotograf?
Inhalt
Die Ausrüstung
Wer mit Ferngläsern fotografieren will, braucht entsprechende Geräte. Zusätzlich zum Spektiv mit Okular wird ein Adapter benötigt, um die Spiegelreflexkamera oder eine andere Digitalkamera an das Spektiv anzuschließen. Einfache Versionen sind Adapter, die es ermöglichen, ein Smartphone vor dem Spektiv anzubringen. Professionelles Digiscoping geschient mit Spektiven, in die große Linsen der 80er bis 100er-Klasse eingebaut sind. Geräte dieser Größe sind einfach lichtstärker und ermöglichen stärkere Vergrößerungen und kleinere ISO-Zahlen.
Für die Digiskopie können jedoch auch leichtere und günstigere Spektive der 60er oder 65er Klasse verwendet werden. In jedem Fall ist es ratsam, einen der Markenhersteller von Spektive zu verwenden, wenn das Bildergebnis und die Schärfe zufriedenstellend sein sollen. Hersteller wie Swarovski, Nikon, Zeiss, Leica oder Kowa bieten solche Geräte an.
Zudem braucht es passende Adapter, um die Kamera der Wahl an das Fernglas anschließen zu können. Hierfür bieten Hersteller wie Nikon, Swarovski und Leica natürlich längst Komplettlösungen an (siehe Grafik). Um herauszufinden, welche Kombination mit deiner Kamera am besten harmoniert, ist eine Fachberatung eigentlich immer eine gute Idee – die Möglichkeiten sind nämlich recht verzweigt.
Was muss bei der Arbeit beachtet werden?
Zusätzlich zu den oben genannten Geräten für das Digiscoping (Spektiv, Okular, Adapter und Digitalkamera) sollte an der Kamera auch ein Fernauslöser vorhanden oder eine Auslösung via App möglich sein. Da sehr große Entfernungen zwischen Fotografen und Motiv überbrückt werden, ist es wichtig, dass die Kamera nicht direkt per Hand am Gerät ausgelöst wird. Schon kleine Vibrationen wie das Berühren des Spektivs oder der Kamera können zu einer Verschlechterung der Bildqualität führen (Bewegungsunschärfe tritt auf).
Du solltest auch sicherstellen, dass deine Ausrüstung sicher montiert ist. Obwohl viele Benutzer es dabei bewenden lassen, ihre Spektive auf Stativen anzubringen, kann die Bildqualität zum Beispiel durch Windstöße oder Schwingungen von außen beeinträchtigt werden. Eine sinnvolle Alternative könnte darin bestehen, das Spektiv einschließlich aller angeschlossenen Geräte auf einem Körnerkissen zu platzieren und so eine sichere und unbewegliche Oberfläche zu erzeugen. Falls ein Stativ verwendet werden muss, sollte es sehr hochwertig und standfest sein.
Fokussieren
Auch wenn beim Digiscoping ein Kameraobjektiv verwendet wird, ist das Arbeiten mit dem Autofokus eher schwierig. Die Schärfe der Bilder, die mit Autofokus aufgenommen werden, hängt von der Qualität der Kamera und dem Kontrast des Motivs ab. Daher empfiehlt es sich, eine spiegellose Kamera mit Fokus-Peaking oder Kantenanhebung zu nutzen. So ist manuelles Scharfstellen kein Problem mehr. Digiskopieren eignet sich grundsätzlich nicht für Tiere, die sich viel und schnell bewegen. Manuelles Scharfstellen wird dann wohl zu schwierig werden.
Nachteile des Digiscoping
Wären Ferngläser eine gleichwertige Alternative zu extremen Teleobjektiven der Hersteller, würden Fotografen nur noch damit arbeiten. So einfach ist es aber nicht: Die meisten Ferngläser sind eher lichtschwach und erfordern daher längere Belichtungszeiten von 1/60 Sekunde oder länger. Und der Autofokus kann nicht im gleichen Tempo wie bei großen Objektiven mithalten.
Vorteile
Naturfotografen werden von den Möglichkeiten der Digiskopie begeistert sein. Erstaunliche optische Ergebnisse können im Bild erfasst werden. Ein weiterer großer Vorteil beim Digiscoping besteht darin, dass der Abstand zum fotografierten Objekt aufgrund der erzielbaren hohen Brennweiten beibehalten werden kann, so dass das fotografierte Objekt wahrscheinlich nicht verängstigt oder verschreckt wird, sondern ruhig sitzen bleibt. Tarnzelte, Netze oder sonstiges Zubehör erübrigen sich somit meistens.
Die Brennweiten von Digitalkamera-Spektiv Kombinationen sind fast unerreicht in der Spiegelreflexfotografie. Wenn du zum Beispiel eine Digitalkamera mit einem angebrachten Objektiv von 100mm hast, und die vor ein Spektiv mit einem 20x Okular setzt, dann hast du eine resultierende Brennweite von ungefähr 2000mm, das entspricht 2 Metern(!) Brennweite. Bei hochwertigen Spektiven ist die Bildqualität außerdem richtig gut.
Fazit
Wer Vögel oder größere wilde Tiere fotografieren will, ohne gleich viel Geld für ein High-End-Objektiv auszugeben, ist beim Digiscoping goldrichtig aufgehoben. Hier stimmen Qualität und Preis, außerdem macht Digiscoping einen Heidenspaß und fühlt sich nach einer Mischung aus Abenteuer und fotografischer Feinarbeit an.
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